”anısına” - Transparente der Trauer
Im Oktober 2011 kurz nachdem man in Deutschland begriff, dass eine Terrorzelle über viele Jahre hinweg gezielt unbehelligt Morde an Einwanderern begangen hat, wurde einmal mehr zu Zivilcourage aufgerufen und dazu, verstärkt auf seine ausländischen Mitbürger zu achten. Die Bundesregierung mahnte Zeichen der Solidarität , eine Trauerfeier für die Opfer in Berlin wurde anberaumt.
In der Westfalenmetropole selbst war keine Reaktion erkennbar. Diese unglaublichen Vorkommnisse geschahen in anderen Städten und nicht in Münster. Doch auch hier leben mehr als 120 Nationalitäten und Ethnien zusammen unter einem Dach.
Bereits 2001 baute ich entlang des Prinzipalmarktes eine Portrait-Reihe von sechzig hier lebenden Migranten und ihren deutschen Freunden auf. Sie hieß ”Unter Freunden - Installation für eine versöhnte Verschiedenheit”. Exakt zehn Jahre später stand diese Idee wieder im Raum. Ein ”Unter Freunden - reloaded” unter traurigeren Vorzeichen als damals, aber mit der Erkenntnis, dass unser Gesellschaftsmodell zu zerbrechen
droht, wenn es uns nicht gelingt, vernünftig zusammen zu leben.
Das Versagen der Ermittlungsbehörden - und schlimmer noch - das des Verfassungs-schutzes hat das Vertrauen in unseren Staat erschüttert, vor allem bei den Einwanderern aus der Türkei.
Deshalb erhielt die Installation den türkischen Namen - ”anısına” (Wir trauern).
Wir trauern um acht türkischstämmige Mitbürger, einen Griechen, eine deutsche Polizistin:
Enver Şimşek
Abdurrahim Özüdogru
Süleyman TaşköprüTasköprü
Habil Kılıç
Mehmet Turgut
Ismail Yaşar
Theodorus Boulgarides
Mehmet Kubaşık
Halit Yozgat
Michèle Kiesewetter
und um wir trauern auch um das Versagen unseres Staates.
Alle Opfer waren Menschen, die in Deutschland lebten, und ihre Angehörigen verdienen unseren Respekt und unser Mitgefühl. Nichts ist grausamer, als einen geliebten Menschen durch Mord zu verlieren und gesagt zu bekommen, er sei vermutlich kriminell gewesen.
Natürlich reicht es nicht aus, Rassismus zu verurteilen. Symbolische Gesten des Mitgefühls können Integrationspolitik nicht ersetzen. Aber sie können deutlich machen, dass ein Angriff auf eine Minderheit auch ein Angriff auf das Gemeinwesen ist. Dieses Bewusstsein hierfür ist bis heute viel zu wenig ausgeprägt.
Der Kampf gegen rechte Gewalt muss wesentlich ernster genommen werden und alle Einwanderer müssen den gleichen Schutz geniessen. Diejenigen, die hier geboren werden, sollen automatisch einen deutschen Pass erhalten, der ihnen lebenslang Sicherheit verschafft.
Dank an die Stadt Münster und den Kaufleuten des Prinzipalmarktes für das Zustandekommen dieser so schwierigen Installation.
Medienberichte:
anisina - eine Aktion die in der Türkei ankommt
10 larin anisina
Der Prinzipal
Kunst gegen Nazis beschädigt
Polizei rettet Plakate
Kolumne WN Hannes Demming
WN - anisina